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Freitag, 30. März 2012

Bilderflut


Nachdem ich meist auch gerne Photos poste und damit zur globalen Bilderflut beitrage, passt das Folgende gut hierher:

Irgendwo in Süditalien in den Sechzigerjahren (Scan vom Dia, Photo Luis Schönherr).

Dias. Lichtbilder. Mit einem Uhrmacherschraubenzieher geht es am leichtesten. Man drückt den Spitz in die Fuge der Rahmenhälften; meist springt dann das Dia auf und man kann es auf den Leuchtkasten legen. Immer eine Serie von 50 Dias pro Magazin.
Dann beginnt der unangenehme Teil der Arbeit. Was bleibt im Analogfundus (in platzsparende CF-Rähmchen gesteckt), was wandert in den Müll? Zwar habe ich alle nun zu sortierenden Dias bereits vor einige Zeit gescannt – doch trotzdem ist die Entscheidung schwer. Es sind dann doch mit fast jedem Bild Geschichten verknüpft. Wenn es die eigenen Dias und nicht die meines Vaters sind, geht es immerhin leichter (ich habe mir diese daher zuerst vorgenommen).
Denn ich möchte mir nicht anmaßen, vom Werk eines anderen auszuscheiden, was für die Nachwelt noch von Relevanz ist. Das wäre ja (fast) so, als könnte man als Mensch zwischen Gut und Böse zweifelsfrei unterscheiden.
Es war um 1980. Mein Vater hatte damals ein Diaarchiv mit wohl ca. 10000 Dias. Ich habe sie immer gern angeschaut. Der dunkle Raum, das Rauschen des Projektorgebläses, das gedämpfte Licht auf der Leinwand beim Magazinwechsel, der Geruch des warmen Zellophans der Dias. Wohl die Hälfte der Dias waren allerdings noch nach alter Manier in Glas gerahmt – und bei Wiederansehen dieser Schätze, stellten wir dann fest, dass manche Filme im Begriff waren, von Pilzen zerfressen zu werden. Ich kann mich noch gut erinnern, dass mein Vater den Tränen nahe war. Es waren ja nicht eine Menge Urlaubsschnappschüsse, sondere v.a. technisch und künstlerisch gute Aufnahmen. Wir haben dann in einer Blitzaktion alle noch brauchbaren Dias aus den Glasrähmchen geschnitten (wobei leider die schöne Beschriftung Ort-Datum-Blende-Belichtungszeit verloren ging).....
In den Geheimgängen der Festung Euryalos in Syracus, um 1955 (Scan vom Dia, Photo Luis Schönherr).
 Nun sitze ich wieder einmal bei den Dias und es kommt mir vor, als würde sich der Vorgang in gewisser Weise wiederholen.
Meinen Diascanner, den ich vor drei Jahren im täglichen Einsatz hatte, habe ich nun vermietet. Ein Bekannter – auch in der 10000 Dia-Klasse - scannt nun und wird alle seine Dias heranch wegwerfen. Sachlich richtig, denn es geht darum, Platz zu sparen. Doch was wird überleben? Bei einem Diaarchiv von der Ewigkeit zu sprechen ist wahrscheinlich ebenso Anmaßung, wie zu bestimmen, was hinein darf und was nicht.
Was mit unseren digitalen Daten einmal passiert? Wer weiß, vielleicht tut sich da einen archivistischer weißer Fleck auf, da die digitale Archivierung noch sehr unkoordiniert läuft. Vielleicht bleibt von uns nichts. Ein Arbeitskollege sagte einmal „Ich muss von meine Eltern ganze Kleiderschränke wegwerfen, bei uns selbst braucht man nur mehr einen USB-Stick zu entsorgen“.
So denke ich mir; dieses Stück Zellophan, was ich da in Händen halte, war vor Ort, als das Bildmotiv die Beschichtung belichtete. Es war in der Nähe der Motive und in unmittelbarer Nähe des Photographen. Nein – davon kann man nicht alles verwerfen!
Einheimische beim Beobachten der Touristen, Sowjetunion 1958 (Scan vom Dia, Photo Luis Schönherr).
 So betrachte ich die Dias irgendwie anders als Digitalaufnahmen. Sie haben mich seit der Kindheit begleitet. Mein Vater hat sehr viel Liebe in sie gesteckt. Sie sind, wenn auch sehr dünn, doch stofflich und haben eingeschlossen in die dunkle Kiste der Kamera ihre eigene Geschichte von der Gegend und den Situationen, durch die sie transportiert wurden, erlebt.
Gespräche, Zikadengeräusche, Lavendelduft, Wind, die Entwicklung in einem Labor, das es längst nicht mehr gibt, die Ruhe in einem Zimmer, während die Dias behutsam in ihre Rähmchen gelegt wurden - all das ist darin aufgezeichnet, auch wenn man es mit technischen Mitteln nicht mehr hervorholen kann.
Ich bin dieser Generation (der Diaphotographierer) nun auch entwachsen, aber ich kann mich noch daran erinnern und verbinde somit diese Aura mit den Dias. Die mit Spannung erwarteten entwickelten Filme. Das Rahmen der Dias und dann die Betrachtung im abgedunkelten Zimmer. In spätesten vierzig Jahren werden sich auch diese Erinnerungen von den Objekten gelöst haben, da die menschlichen Erinnerungsträger vergesslich geworden sind.
Dann wird man die Diaarchive mit anderen Augen betrachten können und wirklich das dokumentarisch Wertvolle behalten können. Derweil behalte ich noch Familienphotos zusammen mit architektonischen, technischen und historischen Motiven zusammen. Die Zeit ist nicht reif. Erst morgen....

Und im Internet betrachte ich mitunter historische Photos und überlege, dass diese bis heute überlebt haben, weil der Zufall günstig war. Weil einzelnen Personen daran hingen. Auch wenn man schon längst nicht mehr weiß, wer da in die Kamera gelächelt hat, welches beiläufige Straßenmotiv von Menschen, deren Kinder wahrscheinlich schon längst nicht mehr leben „verewigt“ wurde.
Die Kamera ist eine Zeitmaschine. Meist schneide ich selbst Grimassen wenn ich photographiert werde, doch immer mehr wird mir bewusst, dass es, wenn man in das Objektiv blickt, gar nicht unbedingt zum Lachen ist. Es kann sein, dass man in einen Tunnel blickt, der sich erst lang nach der eigene Lebenszeit öffnet – lang, nachdem das was man gedacht, geliebt und erstrebt hat, obsolet geworden ist.

Donnerstag, 28. Mai 2009

Vorarbeiten Autobahneinhausung




Die Arbeiten zur Autobahneinhausung in Amras laufen nun voll an. Hier wird zwischen Bichlweg und Autobahn das Terrain vorbereitet, um die bergseitige Fahrbahnaufweitung der Autobahn und die Verlegungen der Fahrbahnen während der Bauzeiten der Röhre zu ermöglichen.

Exkurs in die Vergangenheit:
Um 1962/63 wurden in einer Verkehruntersuchung von Dr. Dorfwirth (s. Stratova/Vilanek* "Die Brenner Autobahn", Verlag Tiroler Nachrichten 1972) drei verschiedene Varianten der Autobahntrassierung von Innsbruck Ost zum bereits gebauten Anschluss Innsbruck Süd bewertet. Unter anderem dachte man damals bei der Variante "Kleines Autobahndreieck" an eine tiefere Trassenlage (ähnlich der heutigen Südtangente) beginnend von Innsbruck Ost. Damals fürchtete man geologische Komplikationen, auch die Sillschlucht wäre tlw. zerstört worden und evt. hätte man Probleme mit dem Brennerbahntunnel bekommen. Leider führte das alles letztendlich zum Bau des großen Autobahndreiecks, bei der die Paschbergbrücke, die Südtangente und Rampe über die Ferrariwiese die einzelnen Dreiecksseiten sind und die starke Verkehrsbelastung in die Stadtnähe trug (zum Glück jedoch weder der Igler noch der Stubaier den Garaus machen konnte).
Andererseits darf man nicht vergessen, dass die ersten Planungsvarianten aus dem Jahr 1958 (z.T. noch anknüpfend an Reichsautobahnplanungen) Autobahntrassenvarianten quer über das Innsbrucker Mittelgebirge vorgesehen hätten:
Bei "Osttrasse 1958" wäre ein Autobahnanschluss Innsbruck Mitte in Tantegert zu liegen gekommen, bei der Reichsautobahnplanung 1941 wäre der Wiesenhof in Aldrans heute wohl eine Autobahnraststätte....

*)Herr Ing. Vilanek hat mich auf diese Überlegungen aufmerksam gemacht und ich habe es gleich in meinem Brennerautobahnbuch nachgeschlagen - um darauf zukommen, dass er Koautor dieses interessanten Buches ist.