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Freitag, 2. Februar 2024

Der Paschberg der frühern Siebzigerjahre

Zwischen 1986 (meinem Maturajahr) und 2001 (dem letzten Jahr in dem die Iglerbahn durchgehend planmäßig in die Stadt fuhr) nutzte ich die Bahn häufig für die Heimfahrt, zuerst von der Uni, später dann vom Büro, um noch einen abendlichen Spaziergang dranzuhängen.

Mit den nun wieder häufigeren Fahrten mit der Iglerbahn, spätnachmittags oder am frühen Abend, tauchen aus dem zu dieser Zeit bereits dunkler werden Geäst des vorbeiziehenden Waldes manche längst vergessene Erinnerungen auf:
 
 
Am Tummelplatz (in den Siebzigerjahren); Photo: Luis Schönherr
 
 
Mein Vater hat mir bei Spaziergängen am Paschberg oft von dem Plätzchen im Wald erzählt, an dem eine Bank und ein Wasserrädchen montiert war. Das Bild davon, das ich dazu als Kind im Kopf hatte, mochte diesem hier ähneln. Beide sind längst Vergangeheit. Mein Vater hat den Platz nicht mehr gefunden - es war wohl ein Objekt aus seiner Kindheit. Nun versuche ich hier ähnliches, nämlich Örtlichkeiten am Paschberg aus früher Kindheit zu beschreiben. 
 
Der steile Verbindungsweg östlich des Schneiderhäusls führte in den Siebzigerjahren durch einen dichten dunklen Fichtenjungswald. Hier sah ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Reh, am oberen Ende des Weges stehende. Der "Rehleinweg" wird aber seinen Weg nicht ins OSM finden. 
 
Anders könnte es sich mit dem Briefträgersee am Schintertal/Schlossbach verhalten. Meine Oma hat steif und fest behauptet, dass in diesen See einst der Briefträger fiel und dass sie selbst einen durchweichten Brief bekommen hätte. Verifiziert habe ich das aber bisher nicht. 
 
Der alte Weg vom Tummelplatz nach Tantegert ist längst verwachsen. Er führt östlich des Tummelplatzes als Hohlweg steil hinauf zum auch heute noch an fast gleicher Stelle bestehenden Bahnübergang und ist als Stichweg auch heute noch kartiert. 
 
 In diesem Abschnitt des Tantegertwegs befand sich, ungefähr auf gleiche Seehöhe wie der Geräteturnplatz der Forstmeile weiter östlich, ein ebener Platz mit zwei großen Fichten. Dieser Platz war unser Völkerballsportplatz während der ganzen Volksschulzeit. Der damals östlich davon befindliche Jungwald war außerdem beliebt beim Versteckenspiel. 
 
Am Tummelplatzweg durfte man damals noch mit dem Auto fahren  - bzw. scherten sich wesentlich weniger Autofahrer als heute um Fahrverbote. Ich erinnere mich noch recht deutlich an einen Auseinadersetzung beim Abzweig Bederlungerweg, wo eine durch meinen Vater begonnene Autofahrerbeschimpfung dann noch von ein paar herzugekommenen Spaziergängern asissistiert wurde.

Vom Tummeplatzweg führte ein breiter sehr steiler Wurzelsteig mit Blick auf die Stadt die Fallgerade hinunter nach Pradl. Ob dieser westlich der Philippine Welserquelle oder östlich war, kann ich nicht mehr rekonstruieren. Ich vermute aber, dass man ziemlich genau in der Achse der Resselstraße runterkam, wo auch heute noch ein Steig verläuft. Als wir einmal an einem gewittrigen Tag am Tummelplatzweg  im Laufschritt heimwärts strebten (um dann in der Lourdeskapelle den Wolkenbruch abzuwarten) kreuzte ein Wanderer unseren Weg bei eben dieser Direttisssima und fragte, ob man da runter in die Stadt käme, was mein Vater bejahte, aber auf Absturzgefahr hinwies (was auf die Steinbrüche drumherum hindeutet).
 
Tantegert war damals längst nicht so einsam wie heute. Das Haus war bis in die Achtzigerjahre dauernd bewohnt und die Bewohner nutzten die Igler um dorthin zu kommen. Der Kartoffelacker in der östlichen Bahnkehre wurde bestellt. Das Feld war eingezäunt mit klobigen alten Eisenbahnschwellen als Zaunpfosten. Ich erinnere mich noch an die Frau die dort wohnte; beindruckend vor allem im tiefverschneiten Winter, wenn sie Einkäufe aus der Bahn auslud oder Arbeiten im und ums Haus ausführte. Der heutige Mieter des Häuschens ist einer ihrer Söhne. Er wuchs dort oben auf.
Östlich von Tantegert befand sich auf der großen Freifläche der Schuppen für die Schneeverwehungsschutzgatter, die im Winter bei Lans aufgestellt werden mussten. Im Sommer tagte dort häufig eine Gruppe älterer bierbebauchter Herren,  die dort ihre Watscheleturniere abhielten (eine Art Boule mit Metallplatten)
Auf "Innsbruck erinnert sich" haben einige ein Photo von Tantegert kommentiert und weitere Geschichte zu seinen Bewohnern festgehalten.

Der Schulausflugspfad von Lans runter nach Tantegert war lange Zeit im Jungwald verloren. Vor kurzem wurde er als Downhillstrecke wiederentdeckt und so ist der alten Weg wiederauferstanden.
 
An der Innsbrucker Gemeindegrenze zu Aldrans überquert die Igler einen ihrer größeren Kunstbauten - einen Damm mit begehbaren Durchlass. Für mich in den Siebzigerjahren ein Tabubereich, nicht weil es die Eltern gesagt hätten, sonderen wegen der Bedrohung durch mögliche Fabelwesen. Viel später hab ich dann den Durchlass für Wanderungen genutzt, einfach, weil so die Igler auch ein Bahnunterführung bekommt. Mittlerweile frage ich mich, ob trotz der altbewährten Stampfbetonkonstruktion eine regelmäßige Nutzung noch geboten ist.

Nördlich der Huisnkapelle zwischen Sparbereggweg und Seerosenweiherweg gibt es einen kleinen Gletscherschliff. Diese Felsformation ermöglicht es Kindern ungefährdet zu kraxeln und der Wald dahinter war gutes Mooshüttengelände. Daher war und ist dieser Platz beliebt und wird auch von der Gemeinde Lans gehegt. Mittlerweile gibt es oberhalb noch einen Spielplatz mit allem Drum und Dran; das ursprüngliche Plätzchen bei der Kapelle blieb jedoch unangetastet und sieht fast so aus, wie damals, als man sich dort mit Kindergartenkindern zum Spiel traf. Meine Mutter hat der Platz wohl inspiriert - auch wenn es wohl etwas anstregend sein musste, wenn sie mich dorthin zum "Kinderberg" täglich mit der Iglerbahn begleiten musste.

Die westlichen Teile des Paschbergs waren in den Siebzigerjahren für mich weitgehend unbekanntes Terrain. Die Grenze markierte die Telegraphenleitung der Iglerbahn, die pfeilgerade in etwa in der Fortsetzung der Flucht der Plonergasse durch den Wald verlief und somit Tantegert zu einer Art Grenzstation machte. Lanserkopf, Grillhof oder Vill, ja selbst der Lansersee, waren damals eher die außergewöhnlichen Wanderziele. 
Der Einhang des Paschbergs nach Wilten und in die Sillschlucht war übel beleumundet. Ich erinnere mich, dass ich einmal auf eigene Faust mit einem Volksschulkollegen so ca. bis zur zweiten Sillschluchtbrücke kam (wie das damals zuging, so ohne Elternaufsicht - ich nehme an die Eltern des Schulkollegen haben das geschickt gedeckt), und mir dabei besonders verwegen erschien. Die Ausbeute der Wanderung - wir wollten in der Sillschlucht Gold waschen - war mäßig. Es entpuppte sich alles als Katzengold.

Ganz stimmt das mit der vorgenannten Grenze dann aber doch nicht. Denn dieser Blogeintrag aus dem Jahr 2013 relativiert das: So spielte doch zumindest die hinterste Sillschlucht eine gewichtige Rolle in der Ausflugsplanung der Siebzigerjahre - nämlich als "Europabrückenrunde", bei der mein Vater stets erzählte, was alles vor dem Autobahnbau in der Gegend zu bestaunen war: Sonnenburghügel, das liebliche Ahrntal und die Ahrnwaldanhöhe, die stillen, nur bei Föhn rauschenden Föhrenwälder, das Maibutteressen am Reisachhof hinterm Bergisel, zu dem die Innsbrucker im Frühjahr in Scharen pilgerten, das Papstl in Stefansbrücke nebst Unterwerk der Stubaier und natürlich die Baustellenbesuche auf der Brennerautbahn in den späten 1950´er Jahren.

Fortsetzung möglich....




 
 

Montag, 15. Januar 2024

ein vergessenes Zimmer

"Am tiefsten Grunde dieser Vorratskammern der Vergangenheit aber schimmerte da oder dort ein Punkt, ein Haus etwa, ein vergessenes Zimmer oder eine Landschaft, wo man wohl einst gewesen sein mußte und wohin man sich zugleich doch immerfort bewegte:" (aus Heimito von Doderer, DAS LETZTE ABENTEUER - Ein "Ritter-Roman" z.B. in der Sammlung "Unter schwarzen Sternen, Erzählungen, Biederstein 1966, ISBN-10: 3764200553) 
 
Eine Tür zur Vergangenheit (aufgenommen ca. um 1986)
 
 
Der Ort, an den ich mich erinnere, ist für jene die ihn kennen, ziemlich genau bestimmbar. 
Ein verwilderter Obstgarten in Amras. Die Obstbäume darin: Alte Hochstammsorten mit Äpfeln und Birnen deren Reifungsgrad ohne Abstufung zwischen sauer und faul changierte. Dazwischen hohes Gras, Brennnesseln bis zum Kinn, ein Brunnen, aus dem das Wasser Tag und Nacht rann, im Abfluss fingerdicke Regenwürmer, ein desolates Bauernhaus mit undichtem Dach und ein paar nicht minder baufällige Schuppen, in denen z.B. Farben aus den fünziger Jahren mit passenden Farbrollen gelagert wurden, ein Altholzstoß der aus den Teilen eines alten Leiterwagens bestand und in dem sich stets junge Kätzchen verkrochen. Beerensträucher, durchsetzt mit Holler und Brennnessel, von wildem Wein überwucherter Flieder, im Frühjahr Unmengen Schneeglöckchen, im Frühsommer dann und wann eine junge Katze, deren Kehle von einem Kater durchgebissen worden war, im Hochsommer Weinbergschnecken unter jedem Blatt,  im Herbst Unmengen Wespen, die dem Duft des gärenden und faulenden Obstes folgten.
 
Damals, um 1975, muss es eine Kinderparty gewesen sein, die sich aufgrund milder frühsommerlicher oder spätfrühjahrlicher Temperaturen bis in den warmen Abend zog. Zuletzt saß ich mit drei Schulkollegen im niedrigsten der Apfelbäume, ein breit ausladendes Exemplar mit Ästen, die so dick wie Stämme waren. Eher ein Fremdkörper zwischen den alten Hochstämmen; trotzdem aus kindlicher Perspektive mächtig und v.a. bequem zum Sitzen. 
Ein Abend, der aus unserer Sicht kein Ende nehmen hätte sollen. 
Ein Stück Ewigkeit.
 
Irgendwann so um 22h dürfte dann der Beschluss der übrig gebliebenen Elternschaft gefallen sein, dass der Ewigkeit doch ein Ende zu setzen wäre. Ich erinnere mich noch, wie sie unten im Halbdunkel, tlw. von ferner Straßenbeleuchtung angestrahlt, standen: Meine Oma (die sie zuerst vorgeschickt hatten) und die Eltern. Die Verhandlungen, uns vom Baum zu bringen verliefen mühsam und zuerst schon recht amüsiert. Irgendwann hat dann mein Vater, wohl aufgrund reißenden Geduldfadens, ein Machtwort gesprochen. Nun ging es ganz schnell. Kleinlaut krabbelten wir den Baum runter, wobei es sich herausstellte, dass der Abstieg gar nicht mehr so einfach war...zumindest taten wir so.

Am kurzen Weg nach Haus gellte ein Pfiff durch die Nacht. Wir blickten dorthin, wo wir die Quelle vermuteten...und im dunklen Wald oberhalb von Amras sah man den Wiederschein eines Gefährts zwischen den Stämmen der Bäume aufblitzen, das langsam und sonst lautlos bergan fuhr. 
Ich fragte (um Nichtschlafenszeit zu gewinnen*): "Die Igler? Jetzt noch?" Darauf setzte mein Vater zur erfahrungsgemäß (mein Mutter rollte nur die Augen) ausholenderen Erklärung an: Dies sei der Kurs, der die Theaterbesucher nach Igls heimbringt. Er ergänzte das dann noch um einen geschichtlichen Rückblick bis in dei Dreißigerjahre, den ich aber längst vergessen habe.

Der Obstgarten - längst verschwunden. Die Bäume - zu Brennholz verarbeitet. Die Farben - vertrocknet. Die Schuppen - einplaniert. Nichts zeugt mehr von diesem Platz. 
 
Der spätabendlichen Pfiff jedoch, den ich damals zum einzigen Mal gehört habe (mit länger Aufbleiben wars dann ohnehin einige Zeit vorbei und die Autobahn wurde jährlich lauter) schallt wieder durch den Wald.

*) Mein Interesse an der Bahn beschränkte sich damals im Wesentlichen auf deren besonderen Eigenschaft, dass man sich darin fortbewegen konnte, ohne zu erbrechen.

Mittwoch, 14. April 2010

40 Jahre DEZ

Das* DEZ bat um Übermittlung von Photos zur Geschichte des Einkaufszentrums. www. paschberg.blogspot.com hat auch etwas geliefert. Unter anderem die folgenden Bilder von meinem Vater Luis Schönherr und die Schwarzweißimpressionen aus jüngster Vergangenheit. Ich habe die Photos für die Ausstellung allerdings mit einem Text kombiniert; ob der genehm ist, weiß ich noch nicht. Wie dem auch sei - hier einige der Photos....





Vor Vierzig Jahren......






Impressionen in S/W

Ab 19.4. im DEZ

*) Es gibt seltsame strittige Fragen: Was bedeutet DEZ? Es gibt zwei Deutungen:

Das EinkaufsZentrum

oder

Deutsches EinkaufsZentrum

Beides trifft wohl zu. Ersteres grammatikalisch. Zweiteres, weil der Gründer Deutscher ist.